von Tina Fixle, Chief Analytics Officer (CAO)
Ein weiteres Pandemie-Jahr geht zu Ende. Trotz Lockdowns, Home-Office Pflicht, grossen Einschränkungen des öffentlichen Lebens und des Reisens sowie einer bevölkerungsübergreifenden Verunsicherung und Frustration, zeigt der Schweizer Werbemarkt, dass sich die Uhren dennoch weiterdrehen und Stillstand keine Option ist.
2021 wurden 5’598 Millionen Franken Brutto-Werbedruck in den 21 Branchen erzeugt. Dies entspricht einer Steigerung von 12.3 Prozent im Vergleich zu 2020 respektive einem Plus von 613 Millionen. Im Vergleich zum Pre-Corona Jahr 2019 liegt 2021 nur noch -6.0 Prozent (-354.5 MCHF) zurück.
Werbedruck im Gesamtmarkt
Entwicklung des Werbedrucks 2021 in Mio. Bruttofranken
Jahresüberblick: Verhaltenes 1. Quartal, starkes Finish
Im 1. Quartal starteten die Werbeauftraggeber verhalten ins neue Jahr. Minus 21.3 Prozent verglichen zu 2020 und minus 30 Prozent gar zu 2019.
Kein Wunder, hatte doch der Bund am 18. Dezember 2020 gerade eine Verlängerung und Ausweitungen der Massnahmen beschlossen. Geschlossene Restaurants, geschlossene Sportbetriebe, geschlossene Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Personenbeschränkungen, Einschränkungen im Flugverkehr und kein Ende in Sicht. Die Schweiz und der Rest der Welt verharrten in einer Winterstarre.
Doch mit der neu zugelassenen Impfung und den neuen Testmöglichkeiten stieg die Hoffnung auf ein mögliches Ende der Einschränkungen. Am 17. Februar 2021 beschloss der Bundesrat dann eine «vorsichtige, schrittweise Öffnung, um dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben wieder mehr Raum zu geben».
Mit dem 2. Quartal erweckte dann auch der Schweizer Werbemarkt zu neuem Leben. Noch nicht auf dem Niveau vor der Pandemie (-18.5, verglichen zu 2019), aber immerhin ein deutliches Plus verglichen mit dem Vorjahr (+17.2%).
Gerade der April und der Mai stachen mit je einem Viertel mehr Werbedruck sichtlich hervor – nicht verwunderlich – war in dieser Zeit im letzten Jahr die Schweiz im 1. Lockdown. Das Abflachen des Werbedrucks im Juni läutet 2021 wieder, wie gewohnt, das Sommerloch ein, allerdings beflügelte die EM mit teuren Werbeflächen den Schweizer TV-Markt und liess den Rückgang etwas abflachen (-4.5% Mai 21 vs. Juni 21; -13.1% Mai 19 vs. Juni 19).
Das Jahr 2020 ist hier als Ausnahmejahr anzusehen, da die Werbepräsenzkurve nach dem 1. Lockdown im Juni wieder steil nach oben zeigte (+16.7% Mai 20 vs. Juni 20).
Das 3. Quartal läutete einen Wechsel im Schweizer Werbemarkt ein. Nicht nur lag es deutlich über den Vorjahreswerten (+14.6%), sondern schloss, dank starkem September (599 MCHF, +24.3% 20 vs. 21, +9% 19 vs. 21), auch das erste Mal leicht im Plus verglichen zum Pre-Corona-Jahr 2019 (+1.7%).
Dies sollte sich im 4. Quartal auch nicht mehr ändern. Beflügelt von der Hoffnung auf Normalität und nicht verbrauchten Werbebudgets generierte das 4. Quartal 2’064 Millionen Bruttowerbedruck. Das entspricht rund einem Drittel des Jahreswerbedrucks (36.9%, 2020: 30.8%, 2019: 29.3%). Verglichen zum Vorjahr wurde demnach 34.6 Prozent mehr Werbedruck erzielt, verglichen mit 2019 waren es 18.5 Prozent.
Dank dem starken Finish schliesst das Werbejahr 2021 versöhnlich ab und gibt Hoffnung auf mehr Normalität im Jahr 2022. Covid-19 als Treiber der Digitalen Transformation hat zwar das Leben und Arbeiten verändert und stärker in den virtuellen Raum verschoben, aber es nicht wie im Vorjahr zwischenzeitlich befürchtet, zum Liegen gebracht. Menschen finden kreative Lösungen und sind anpassungsfähig und so hat sich auch die Schweizer Werbewirtschaft an die neuen Gegebenheiten angepasst. Allerdings – und das darf man nicht unter den Tisch fallen lassen – sind es die digitalen Werberiesen, in unserer Statistik namentlich Google, welche sich als Krisengewinner nochmal ein Stückchen mehr vom Werbekuchen abschneiden können (Veränderung ohne Search & YouTube: 2020 vs. 2021: +6.7%; 2019 vs. 2021: -10.0%).
Media Mix 2019-2021
Internet ist neu die dominierende Mediengruppen mit 30 Prozent-Anteil vom Media Mix 2021 und löst damit TV ab. Verglichen zu 2019 und 2020 hat Online-Werbung 4 Prozentpunkte zugelegt. TV-Werbung macht neu 29 Prozent aus, Print auf Rang 3 generiert ein Viertel des Werbedrucks, Out-of-Home liegt bei 12 Prozent und Radio bei 4 Prozent. Kino liegt wie im Vorjahr bei 0.3% Marktanteil. Vor der Pandemie waren es noch 0.8%.
Betrachtet man die Entwicklung des Werbedrucks in den einzelnen Mediengruppen 2019 vs. 2021 so fällt auf, dass lediglich Online-Werbung zulegen konnte (10.8%). Die Steigerung um 12.1 Prozent bei Radiowerbung, lässt sich über die Integration vier Westschweizer Sender erklären (ohne Integration -21.3%). Alle anderen Mediengruppen liegen noch unter dem Niveau von 2019. Allen voran Kino (-61.2%), gefolgt von TV (-15.3%), Print (-10.2) und zu guter Letzt Out-of-Home. Die Mediengruppe, die trotz Lockdown, im Krisenjahr 2020 den geringsten Rückgang verzeichnet hat.
Top 10 Werbungtreibende
2021 wurden rund 27’000 Werbungtreibende in der Schweizer Werbedruckstatistik erfasst. 5’276 wurden neu aufgenommen.
Die Top 10 Werbungtreibenden generieren 18.9 Prozent des Werbedrucks (2020: 19.3%). Die Top 20 sind für rund ein Viertel verantwortlich (2021: 24.6%, 2020: 25.1%), die Top 100 für rund die Hälfte (2021: 47.4%, 2020: 48.2%) und die Top 200 für knapp 60 Prozent (2021: 59.5%, 2020: 60.7%).
Die Top 10 der Werbungtreibenden zeigt sich 2021 stabil. Coop (1) und Migros (2) bleiben unangefochten auf den ersten beiden Rängen. Neben den Detailhandelsriesen schaffen es auch Lidl (6) und Aldi (10) wieder in die Top 10. Das Bronze-Podest geht zum wiederholten Male an den amerikanischen Konsumgüter-Konzern Procter & Gamble (3). Ferrero (4), Swisscom (5), Lidl (6) und l’Oréal (7) belegen wie 2020 die Ränge 4 bis 7. Allerdings in leicht veränderter Reihenfolge. Auf Rang 8 und 9 folgen mit den Onlinehändlern Interdiscount und Digitec Galaxus die einzigen Neuzugänge in der Top 10. Nestlé und Denner sind dafür nicht mehr unter den Top 10 Werbungtreibenden zu finden.
Top 10 Produkte
Im Jahr 2021 wurden 47’347 verschiedene Produkte in der Werbedruckstatistik erfasst, ein Viertel davon wurde zum ersten Mal in der Schweiz beworben. Das Samsung Galaxy S21 5G führt die Liste der neuen Produkte an und hat dabei die Nase vorn im Vergleich zum Konkurrenzprodukt Apple iPhone 13 Pro.
Unter den Produkten mit dem höchsten Werbedruck 2021 sind 6 Onlineshops – von Anzügen, Computern, Fernsehern über Reisen bis hin zur Zitronenpresse – alle erdenklichen Produkte können und sollen, wenn es nach Home24, Zalando und Co. geht online gekauft werden. Die Coronavirus-Kampagne des BAG steht 2021 nur auf Rang 4. Sie wurde durch McDonald’s Restaurants abgelöst (auch nach Hause lieferbar versteht sich). Pampers Windeln auf 8, sowie die Oral-B IO E-Zahnbürste komplettieren die Top 10 Produkte.
Top Branchen 2021
Lediglich Reinigen reduziert verglichen zum Vorjahr den Werbedruck (-4.0%). Auffällig dabei, die Branche besitzt den geringsten Anteil an Online-Werbung. Stellt man den Vergleich zu 2019 sind es 15 der 21 Branchen, die reduziert haben. Den grössten prozentualen Rückgang erfahrt dabei die Veranstaltungsbranche (-50.9%). Nach dem Rückgang von -60.8 Prozent von 2019 auf 2020, zeigt die Kurve 2021 aber wieder nach oben (+25.5%). Dies ist die dritthöchste Steigerung im Vorjahresvergleich. Nur noch Mode & Sport (30.4%) und Energie (+27.4) legen noch stärker zu. Letztere gehörte zu den 6 Branchen, die 2021 sogar mehr Werbedruck verzeichnet hat als 2019 (+9.5%). Als Krisengewinner geht klar der Detailhandel hervor. Der Werbedruck ist stetig gewachsen von 520.9 Mio. CHF 2019 auf 563.6 Mio. CHF 2020 (+8.2), auf nun 652.4 Mio. CHF 2021. Auch Bauen, Industrie, Einrichtung hatte 2021 ein starkes Jahr (+10.5% verglichen zu 2019, +21.6% verglichen zu 2020) und auch die Finanzbranche kann aufatmen. Nach dem Einbruch im vergangenen Jahr (-8.0%), liegt der Wert fast wieder auf dem Niveau von 2019 (386.5 MCHF zu 391.1 MCHF). Anders sieht es bei Freizeit, Gastronomie, Tourismus aus, hier bleibt trotz Aufschwung 2021 (+15.2%) ein Minus von rund einem Viertel (-23.2% 2019 vs. 2021). Gleiches gilt für die Verkehrsbetriebe, verglichen zu 2019 liegt der Wert -46.5 Prozent unter dem Wert von 2019.